Anhand eines praktischen Beispiels soll im folgenden der Unterschied zwischen der ASUE- und der Gutschrift-Methode erläutert werden.
Hierfür nehmen wir folgenden Versorgungsfall an:
Die gekoppelte Strom- und Wärmebereitstellung erfolgt mittels eines Gasmotor-BHKW´s. Dieser hat eine elektrische Leistung von 200 kW sowie einen elektrischen Wirkungsgrad von 35% und einen Gesamtwirkungsgrad von 87%. Der thermische Wirkungsgrad (Gesamtwirkungsgrad minus elektrischer Wirkungsgrad) beträgt somit 52%.
Dem gegenüber steht die ungekoppelte Strom- und Wärmebereitstellung in einem Kondensationskraftwerk und einem konventionellen Heizkessel. Das Kondensationskraftwerk weist einen elektrischen Wirkungsgrad von 35,6% auf, was dem Durchschnitt des deutschen Kraftwerkbestandes von 1998 entspricht. Der Heizkessel hat einen thermischen Wirkungsgrad von 90%.
Durch die jeweiligen Systeme sollen 150 kWh Wärme und die – anhand der KWK-Anlage ermittelte – Strommenge von 101 kWhel bereitgestellt werden.
Hieraus ergibt sich für den BHKW-Motor ein Primärenergieeinsatz von 289 kWh (101 kWhel, 150 kWhth, 37 kWhVerlust).
Für die Bereitstellung von 101 kWhel ergibt sich bei dem Kondensationskraftwerk mit einem elektrischen Wirkungsgrad von 35,6% ein Primärenergieeinsatz von 284 kWh (183 kWhVerlust).
Für die Bereitstellung von 150 kWhth ergibt sich bei dem Heizkessel mit einem Wirkungsgrad von 90% ein Primärenergieeinsatz von 167 kWh (17 kWhVerlust).
In der folgenden Tabelle wird dies noch einmal zusammengefaßt.
Wärmemenge |
Strommenge |
Verluste |
|
BHKW-Motor h el= 35% h th= 52% |
150 kWh |
101 kWh |
37 kWh |
Kondensation-Karftwerk |
– |
101 kWh |
183 kWh |
Heizkessel |
150 kWh |
– |
17 kWh |
Bei der ASUE-Methode werden nun beide Primärenergieeinsätze verglichen. Beim gekoppelten System (BHKW-Motor) sind dies 289 kWh. Beim ungekoppelten System beträgt der Primärenergieeinsatz 451 kWh. Daraus ergibt sich ein absolute Ersparnis von 162 kWh Primärenergie (Erdgas). Dies entspricht – bezogen auf den Erdgaseinsatz beim ungekoppelten System – eine Primärenergie-Einsparung von 36% durch den BHKW-Motor (siehe Tabelle).
ASUE-Methode |
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1 |
Primärenergiemenge BHKW |
289 kWh |
2 |
Primärenergiemenge Kondensationskraftwerk |
284 kWh |
3 |
Primärenergiemenge Heizkessel |
167 kWh |
4 |
Primärenergiemenge ungekoppeltes System (2+3) |
451 kWh |
5 |
Absolute Primärenergiemengen-Einsparung (4-1) |
162 kWh |
6 |
Relative Primärenergiemengen-Einsparung (5/4) |
36% |
Bei der Gutschrift-Methode wird das gekoppelte System auf ein rein wärmebereitstellendes System vereinfacht, indem der Primärenergieeinsatz des Kondensationskraftwerkes (284 kWh) vom Primärenergieeinsatz des gekoppelten Systems (BHKW-Motor mit 289 kWh) als „Gutschrift“ abgezogen wird. Die daraus resultierende Primärenergiemenge des gekoppelten Systems (5 kWh) wird nun mit der Primärenergiemenge verglichen, welche notwendig ist, um die Wärmemenge des BHKW-Motors (150 kWh) in einem Heizkessel bereit zu stellen. Dies ist in unserem Fall 167 kWh. Auch hier beträgt die absolute Primärenergie-Einsparung 162 kWh. Vergleicht man aber den – durch die Gutschrift reduzierten – Primärenergiemenge des gekoppelten Systems (5 kWh) mit dem Erdgasaufwand des Heizkessels (167 kWh), so fällt die prozentuale Primärenergieminderung mit 97% ungleich höher aus. Bei hohen Stromkennzahlen (Verhältnis der bereitgestellten elektrischen Energie zur bereitgestellten nutzbaren Wärme) des KWK-Systems kann es sogar zu Primärenergieeinsparungen von mehr als 100% kommen. Daraus resultieren die in der Literatur manchmal bei Systemvergleichen von Wärmeerzeugern veröffentlichten negativen Primärenergie- oder CO2-Mengen von KWK-Systemen.
Stromgutschrift-Methode |
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1 |
Primärenergiemenge BHKW |
289 kWh |
2 |
Primärenergiemenge Kondensationskraftwerk |
284 kWh |
3 |
Primärenergiemenge Heizkessel |
167 kWh |
4 |
Primärenergiemenge BHKW für das Koppelprodukt Wärme (Gutschrift für Strombereitstellung à1-2) |
5 kWh |
5 |
Absolute Primärenergiemengen-Einsparung (3-4) |
162 kWh |
6 |
Relative Primärenergiemengen-Einsparung (5/4) |
97% |
Kritische Betrachtung der Stromgutschrift-Methode
Diese Art der Aufteilung der Primärenergieeinsparung durch eine Kraft-Wärme-Kopplung auf die Koppelprodukte (Strom und Wärme), welche u. a. in der Fernwärmewirtschaft üblich ist, verschiebt die gesamte Primärenergieeinsparung auf das Koppelprodukt Wärme und wird damit der physikalischen Realität nicht gerecht. Insgesamt wird dadurch die Wärmeerzeugung innerhalb der Kraft-Wärme-Kopplung thermodynamisch zu günstig bewertet.
Markus Gailfuß, BHKW-Infozentrum Rastatt